Wenn Sie Staus oder Blitzer melden wollen… ist eine Ansage, die Rundfunksender ihren Verkehrsmeldungen nachschieben. Eine von vielen Möglichkeiten, tatsächliche und vermeintliche Hindernisse für die schnelle Fahrt von A nach B mitzuteilen.
Heute Morgen gab es kaum Icons auf dem Bildschirm, die Baustellen, Unfälle oder Staus auf den Dresdner Straßen anzeigten. Anders sah das in Berlin und Hamburg aus. Ich schreibe von der Online-Plattform Waze (waze.com). Das von einem israelischen Start-up-Unternehmen entwickelte und 2013 von Google gekaufte Navigationssystem ist ein Beispiel für modernen, auf realen Nutzerdaten basierenden Informationsaustausch.
Gegenüber Waze wirken die Verkehrsmeldungen im Rundfunk etwas altbacken. Ob sie zutreffen, stellt sich oft erst heraus, wenn man am Ort des Geschehens ist. Etwas verlässlicher sind die Informationen, die über Navigationssysteme in die Fahrzeuge gelangen.
Doch wozu das alles?
Es gibt rationale Gründe für bessere Verkehrsinformationen. Tatsächlich können Staus minimiert und Unfälle vermieden werden. Solange die alternativen Routen im Hauptstraßennetz liegen, teilen sich Verkehrsströme besser auf und die Kapazitäten der Straßen werden effektiver ausgelastet. Kritisch wird es, wenn die tatsächlich oder vermeintlich schnelleren Routen durch Nebenstraßen führen. Und auf Schleichwege weicht aus, wer vom Stau auf seiner Stammstrecke hört. Das geschieht täglich.
Am 27. September 2015 erschien in der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung der Bericht „Auf der Autobahn herrscht Krieg“. Zwei Monate zuvor waren die Schwester des Autors und deren Tochter bei einem Unfall auf der Autobahn getötet worden. Während sie einen Lkw überholten, fuhr ein mit 200 km/h ankommender Audi von hinten in ihr Fahrzeug. Wenn Sie Staus oder Blitzer melden wollen…
Die geschmähte Autoindustrie investiert viel, um die Fahrersicherheit zu erhöhen und die Folgen von Fehlverhalten zu mindern. Das kostet dann auch mehr. Bleibt die Frage, ob es immer Fehlverhalten ist, was zu Unfällen führt. Im Juristischen wird zwischen Fahrlässigkeit, in diversen Abstufungen, und Vorsatz unterschieden. Doch weder rechtliche noch verkehrstechnische Kategorien reichen aus, um die Tragödie des Kriegs auf den Autobahnen zu beschreiben. Oder genauer: auf nahezu allen Straßen.
Jede(r) gegen jede(n). So sieht er aus, der Krieg auf den Straßen. Sobald sie ihr Haus verlassen und ins Auto oder aufs Motorrad steigen, werden aus lieben Frauen und Männern aggressive Menschen. Gilt leider auch für manche Radfahrer. Alles was daran hindert, schnell voranzukommen, wird attackiert. Und meist gibt es Schwächere, die zu Opfern werden. Als schwach gilt auch, wer sich an Regeln hält.
Doch das ist nur die Schilderung der Symptome. Dahinter liegt, neben den schon viel und oft beschriebenen Verhaltensursachen, ein weiterer Umstand: Am motorisierten und nicht motorisierten Individualverkehr, das Wort muss betont werden, nehmen alle Leute teil. Ob alt oder jung, gesund oder krank, munter oder müde. Sie sind „Elemente“ offener Verkehrssysteme. Im Unterschied zu den mehr geschlossenen Schienen- und Luftverkehrssystemen, bei denen Profis die Verkehrsmittel bewegen. Folglich sind die „Individualverkehrssysteme“ per se konfliktträchtiger. Deshalb geht es nicht ohne wirksame Beschränkungen ab.
Keine freie Fahrt für freie Bürger mehr?
Ich plädiere für regelmäßige medizinische Fahrtauglichkeitsuntersuchungen, für Startblockierung bei positivem Alkohol- /Drogentestergebnis, für ein Geschwindigkeitslimit auf Autobahnen.
Möglicherweise führt die Selbstorganisation des Verkehrs über Communities zu mehr verantwortlichem Handeln. Weil auf dem Display die Autokennzeichen von Rasern erscheinen…
Wenn Sie Staus oder Blitzer oder Rowdys melden wollen…