Der Schutz kritischer Infrastrukturen ist eine Aufgabe, die präventives Denken und Handeln verlangt. Neue Technik bringt dabei nicht nur Lösungen, sondern schafft auch neue Probleme. Die wiederum verhelfen Althergebrachtem zu neuem Zweck.
Wer die Frage hört, wie sicher unsere Verkehrswege sind, denkt wahrscheinlich zuerst an Unfälle auf Straßen und an Bahnübergängen oder an baufällige Brücken. In dem Sinne bedeutet Verkehrssicherheit, die ungefährdete Ortsveränderung von A nach B zu gewährleisten. Das aber reicht längst nicht mehr aus. Schon vor dem 11. September 2001 gehörten die Verkehrswege zu den kritischen Infrastrukturen. Doch stärker in den Fokus gerückt ist diese Tatsache erst in den vergangenen zehn Jahren. Regierungen beschäftigen sich damit und beschließen Programme, in Deutschland zum Beispiel die Nationale Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen.
Wo lauern die Gefahren?
Sturm und Regen, Hochwasser und Bergrutsche unterbrechen Verkehrsverbindungen ebenso wie ein Brand im Tunnel oder umgeknickte Hochspannungsmasten. Es sind naturbedingte Ereignisse, menschliches Versagen oder technische Defekte, die Schienen und Straßen zeitweilig unpassierbar machen. Darauf kann man sich in gewisser Weise vorbereiten. In so genannten Verkehrsmanagementplänen wird festgelegt, wer in solchen Situationen was zu tun hat. Wenn möglich, weicht man auf anderen Reiserouten aus.
Die vergleichsweise neue und unendlich größere Herausforderung an sichere Verkehrswege besteht darin, dass vorsätzlich und – zunächst – weithin unbemerkt Störungen erzeugt werden. Fällt infolge einer Cyberattacke der Strom aus, so sind nahezu alle technischen Funktionen im Verkehr betroffen. Das führt zu mehr Unfällen, Stillstand und Panik. Genau das ist gewollt. Im allgemeinen Chaos, betroffen sind ja viele Bereiche des öffentlichen Lebens, erfüllen die Verkehrssysteme nicht mehr ihre Funktion, zu denen auch die geordnete Bewegung großer Menschenströme gehört. Eine beklemmende Vorstellung darüber bekommt man im Roman „Blackout“ von Marc Elsberg.
Nun werden seit einigen Jahren mit großer Euphorie die Zukunftstechniken und -technologien des Straßenverkehrs von morgen entwickelt. Fahrzeuge kommunizieren miteinander und mit Lichtsignalanlagen. Autofahrer brauchen künftig nur noch einzusteigen und laut zu sagen, wohin sie fahren wollen, der Rest erledigt sich automatisch. Man kann das toll finden. Die Frage ist nur, wie sicher bewegen sie sich auf den Verkehrswegen? Die Antwort darauf wurde schon gegeben: nicht sicher. Die ersten Versuche, von außen in die hochkomplexen Systeme einzudringen, sie zu stören, Fehlverhalten zu erzeugen und somit Mensch und Technik zu gefährden, waren erfolgreich…
Nun beschäftigen sich die Experten damit, wie derartige Angriffe rechtzeitig erkannt und abgewehrt werden können. Das sind wiederum und vor allem technische Lösungen. Für sichere Verkehrswege reicht das nicht. Zumal bekannt ist, zum Beispiel aus der alltäglichen Internetpraxis, dass jedes Hindernis nur eine Zeit lang wirkt, bevor es aufs Neue überwunden wird.
Was soll man tun?
Nicht alles Alte wegwerfen. Ortsfeste Verkehrszeichen stehenlassen und instand halten. Weiterhin Landkarten und Stadtpläne drucken und dafür werben, dass das Lesen nicht verlernt (oder wieder erlernt) wird. Taschenlampen mit aufgeladenen Akkus bestücken. Benzinreserven vorhalten. Das klingt sehr simpel, ich weiß. Aber lesen Sie mal zum Vergleich, was das zuständige Bundesamt für die Vorsorge in privaten Haushalten empfiehlt. Und das gilt im Grunde auch für die Mobilität.
Die Vorschläge sind keine Absage an neue Technik. Vieles ist möglich und wird kommen. Es macht das Reisen im Alltag sicherer und komfortabler. Doch wer nur blauäugig in die Zukunft schaut, wird im schlimmsten Fall nicht mit einem blauen Auge davonkommen.
Das ist noch nicht alles. Straßen, Brücken und Gleisanlagen rechtzeitig reparieren, was viel Geld kostet, gehört auch zum Schutz von kritischen Infrastrukturen. Zumindest sollte der Weg in eine ungewisse Zukunft nicht schon über schwankende Brücken führen.