Elbphilharmonie Hamburg: “Zum Raum wird hier die Zeit” , wenn im Januar das erste Konzert erklingt. “Wonderful town” singt man in Dresden. Über alte und neue Musik entlang der Elbe… und eine Schifffahrt, die es so noch nicht gibt.
Die Sommerabendklänge aus der Berliner Waldbühne, Bedřich Smetanas (1824 – 1884) “Die Moldau”, noch im Ohr, stehen wir jetzt im böhmischen Melnik. Wo der Fluss in die Elbe mündet. Eigentlich ist es eher umgekehrt. Wir stellen uns vor, ein Schiff legt ab und beginnt eine knapp tausend Kilometer lange Reise elbabwärts. Scheppernd spielt auf dem Deck eine Bordkapelle die “Melniker Polka” (Ferdinand Petr): „Melniker Reben, Melniker Mädchen sind überall gar wohlbekannt, froh ist das Leben in diesem Städtchen, so wie im ganzen Böhmerland. Rechts fließt die Elbe, links fließt die Moldau (in Flussrichtung gesehen, S.G.), Melnik liegt am Zusammenfluss, wenn man dort Wein trinkt, haben die Mädchen nichts gegen ein Kuss!“ Tusch!
Ein paar Stunden später taucht die Silhouette Dresdens auf. Die Stadt, die Kulturhauptstadt 2025 werden will. Vom Schiff aus sieht man nicht, wo in Kürze die Musik spielen wird. Im Dezember 2016 öffnet das Kraftwerk Mitte Dresden. Wo früher Kohlestaub und Schornsteinqualm die Umgebung verdreckten, ist eine neue Spielstätte für das “Theater der Jungen Generation” und das Operettentheater entstanden. Wie so oft in Dresden, urteilten viele eher skeptisch als begeistert über das Projekt. Doch nun ist in der Stadt ein neuer Klang zu hören. Und mit “Wonderful town” steht nicht zufällig Leonard Bernsteins Musical auf dem Spielplan. Vier Monate später folgt die nächste städtische Premiere: der Kulturpalast öffnet (wieder) seine Pforten. Die Dresdner Philharmonie erhält einen modernen Konzertsaal. Auch andere werden hier spielen, singen und tanzen. Außerdem ziehen die städtische Bibliothek und ein Kabarett in das grundhaft sanierte Haus. Es wäre gut, wenn der neue alte Kulturpalast mit seiner Musik die sich immer noch quälenden Stadt ein bisschen versöhnen könnte.
Laut tutet das Dampfschiff, seine Schaufelräder beginnen sich zu drehen. Gemächlich trägt es der Strom elbabwärts. Während sich der “Kahn der fröhlichen Leute” (Titel eines frühen DEFA-Musikfilms) den Meißner Weinhängen nähert, wetteifern alte und junge Bands um den Beifall der Dixielandfreunde. Fünfundvierzig Jahre sind es mittlerweile seit dem ersten Festival in Dresden. “When the Saints go marching in” (and when the stars begin to shine…) darf nicht fehlen.
Der lauten Musik folgen (viel) später besinnliche Pianoklänge. An Bord bereitet man sich auf ein besonderes Erlebnis vor. Lutherstadt-Wittenberg an der Elbe wird 2017 so eine Art Welthauptstadt sein. Wo man 500 Jahre Reformation würdig feiern will. Zum Raum wird hier die Zeit.
Die breite Elbe mäandert durch flaches Land. Nimmt Mulde und Saale auf, bevor am Horizont zwei Türme grüßen. Magdeburg. Konkurrentin Dresdens im nationalen Wettbewerb, wer sich als deutsche Kandidatin für die Kulturhauptstadt Europas 2025 bewerben darf. Im Opernhaus spielt man Cabaret: “Willkommen, bienvenue, welcome, Fremde, etranger, stranger, Glücklich zu sehen, je suis enchante, Happy to see you, bleibe, reste, stay, Willkomen, bienvenue, welcome … Im Cabaret, au Cabaret, to Cabaret”. Elbklänge in unruhigen Zeiten. Und ein bisschen hintergründiger Humor.
Viele Sinfonien lang ist die Strecke, bevor das Ziel und der Höhepunkt der musikalischen Reise erreicht sind. Hamburg. Oft war in den vergangenen Tagen über dessen ambitioniertestes Bauwerk berichtet worden. Nun klingt Musik anstelle von Worten. Im Januar 2017 wird der Konzertsaal der Elbphilharmonie eröffnet. »Zum Raum wird hier die Zeit« ist der Titel des ersten Konzerts. Spannend zeigt eine NDR-Dokumentation den langen, im Wortsinne steinigen Weg von der ersten genialen Idee bis zum krönenden Abschluss. Und während die Elbe weiter gen Nordsee fließt, enden die Elbklänge auf unserem Kahn. Es gibt ihn nicht in dieser Form. Wer Ähnliches erleben will, der kann dem Elbradweg folgen (Smoking postlagernd voraussenden). Mit der Bahn ist das nicht so toll…