Mit dem Fahrrad von Sachsens Glanz zu Preußens Gloria
Vor zweihundert Jahren musste Sachsen die Niederlausitz an Preußen abgeben. Das beschlossen die großen europäischen Herren auf dem Wiener Kongress 1815. Zu lange war der reiche Kurfürst in Dresden dem französischen Kaiser Napoleon gefolgt und von diesem zum König gekrönt worden. 180 Jahre standen die beiden so genannten Lausitzen, die Ober- und die Niederlausitz, vordem unter sächsischer Herrschaft. Als Zugeständnis des katholischen Habsburger Kaisers an den protestantischen Kurfürsten im Prager Frieden von 1635, als Sachsen vorzeitig aus dem Dreißigjährigen Krieg ausstieg.
Von alledem berichtete die erste Brandenburgische Landesausstellung 2014 im rekonstruierten Schloss von Doberlug-Kirchhain. Die Ausstellung trug den Titel „Wo Preußen Sachsen küsst – Szenen einer Nachbarschaft.“ Ich schaute mir das an. Es war am Ende der ersten Etappe meiner Radreise von Dresden nach Berlin. Genau heute vor einem Jahr.
Fast drei Jahrzehnte lang haben wir unzählige Male den Weg von Berlin nach Dresden und zurück mit dem Auto und der Eisenbahn zurückgelegt. Selten unterbrachen wir die Fahrt, um uns anzusehen, was sich links und rechts der Strecke befindet. Schade. Doch lange schon geisterte die Idee im Kopf herum, das Ganze einmal mit dem Fahrrad zu bewältigen. Dann kam die Pressenotiz, dass der ADFC einen Radfernweg von Berlin nach Dresden ins Leben gerufen hat. Eigentlich sind es zwei Routen, eine hat das Berliner ADFC-Büro entwickelt und eine stammt von der Dresdner Arbeitsgruppe. Meine Reise folgte keiner von beiden sondern verlief mehr oder weniger entlang der Bahnstrecke: aus dem Elbtal heraus über Großenhain an Elsterwerda vorbei nach Doberlug-Kirchhain. Die zweite Etappe führte über den Lausitzer Höhenrücken, Uckro und Golßen nach Baruth. Von dort fuhr ich am dritten Tag weiter westlich und damit teilweise auf der „Berliner“ ADFC-Route. Berlin-Lichtenrade war eigentlich mein Ziel, doch ich radelte weiter bis zum Tempelhofer Feld, und drehte auf dem ehemaligen Flughafen die Abschlussrunde. Die einzelnen Etappen habe ich mit Hilfe des ADFC – Tourenportals geplant.
Nun lässt mich die Lausitz nicht mehr los. Den Spreeradweg zwischen Spremberg und Lübbenau und das neue Lausitzer Seenland bei Senftenberg hatten wir schon erkundet. Jetzt folgten weitere Touren: von Dresden nach Senftenberg, von Bautzen auf dem Spreeradweg nach Spremberg und weiter nach Hoyerswerda, von Zabeltitz entlang des Röder- und Elsterradwegs nach Herzberg/ Elster.
Das südliche Brandenburg ist eine unspektakuläre Landschaft, die mit Wäldern, Wiesen und Flüssen Ruhe ausstrahlt. Die Dörfer sind schlicht und manche wirken nicht sehr einladend. Doch die Leute erwidern freundlich meinen Gruß. Wenn man etwas fragt, antworten sie bereitwillig und wünschen eine gute Fahrt.
Für Radfahrer ist das Land Brandenburg ein Paradies, zumindest außerhalb der Orte mit Kopfsteinpflaster. Die Wegweisung der zahlreichen touristischen Routen ist weitgehend vollständig. Das lässt sich von Sachsen so nicht sagen. Den Unterschied merkt man dort, wo Preußen Sachsen küsst, das heißt nach dem Überfahren der Landesgrenze. Ein Beispiel: im Landkreis Nordsachsen fällt offensichtlich die Kilometrierung schwer. Kommt man von Mühlberg an der Elbe (Südbrandenburg) über die neue Brücke, wird die Entfernung nach Riesa auf dem Elbradweg mit 18, 5 km angegeben. Erreicht man dann das Ziel, sind es schlicht mal sieben Kilometer mehr… Auch fehlt ein zusammenhängendes touristisches Radwegenetz zwischen den beiden Bundesländern.
Im übernächsten Jahr wird ein weiteres historisches Jubiläum gefeiert: 500 Jahre Luther’sche Reformation. Das berührt stark die Traditionen in Brandenburg/Preußen und Sachsen. Doch beide Länder verbindet noch mehr. Zum Beispiel die Lausitz. Sie liegt zwischen Berlin und Dresden. Vielleicht entsteht hier einmal ein länderübergreifendes Radwegenetz. Es lohnte sich, wie ich „erfahren“ habe.
Anmerkung: Hoffnung auf Verbesserungen machen die neuen „Richtlinien zur Radverkehrswegweisung im Freistaat Sachsen“ vom 07.01.2015