Ab durch die Mitte

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Eine (nicht) alltägliche Bahnreise durch die Mitte Deutschlands

Dresden und Köln liegen nahezu auf dem gleichen Breitengrad. Kassel etwas nördlicher und Frankfurt ein Grad mehr gen Süden. Alle gemeinsam kann man als die geografische Mitte Deutschlands ansehen. In der vergangenen Woche bin ich mal wieder dort gewesen.

Die Anlässe für die Reise waren normaler beruflicher Alltag: die reguläre Herbst-Sitzung eines Arbeitsausschusses der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen in Kassel und ein Fachkolloquium in Köln (Einführung des Handbuchs zur Bemessung von Straßenverkehrsanlagen). Von den Entfernungen und der Reisezeit her lag Frankfurt am Main günstig als Übernachtungsort zwischen den beiden Veranstaltungen in der Mitte Deutschlands. In meinem „Stammhotel“ am Bahnhof gab es noch freie Zimmer. Und so war ich mittendrin in den deutschen Aufregungen dieser Tage.

Doch zunächst reiste ich mit dem ICE von Dresden direkt (!) nach Kassel. In Leipzig fuhr der Zug durch den neuen City-Tunnel und hielt unter dem Hauptbahnhof. Im Saale-Tal leuchtete buntes Herbstlaub in der Nachmittagssonne. Nahe Melsungen unterquerten wir im Tal der Fulda die ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse. Oben und unten ein ICE. Kleine Beobachtungen eines Eisenbahn-Fans.

In Frankfurt fand in diesem Jahr die zentrale Feier zum Tag der Deutschen Einheit statt. Ein besonderes Jubiläum, 25 Jahre seit der Wiedervereinigung. Entlang des Mains und rund um Paulskirche und Römer wurde ein Bürgerfest gefeiert. Vor einigen Wochen hatte man dafür noch geworben  mit dem Slogan„Kommt alle her“. Die Plakate waren weniger geworden… aber rund um den Hauptbahnhof viel mehr Leute.

sachsen02Am Vorabend des Festes spazierte ich am Main entlang. Furchteinflößend laut dröhnte Musik aus den Lautsprecherboxen auf der Untermainbrücke, wo auf einem Riesenbildschirm immer wieder die bekannten Filmszenen von Mauerfall und Vereinigungszeremonie am Reichstag abliefen. Beidseits des Flusses wurden die Buden für die (Bundes-)Ländermeile aufgebaut. Manche waren schon fertig. Die von Sachsen zum Beispiel. Dort hatte eine Feier begonnen, nur für geladene Gäste. Damit kein anderer das Festzelt betrat, verkündete ein großes Schild „Geschlossene Gesellschaft – Freistaat Sachsen“. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

Von all dem Gewusel ließen sich Jogger und Radfahrer nicht abhalten, ihre gewohnte Uferstrecke zu nutzen. Das war dann doch etwas chaotisch und die überwiegend betagten Reisenden eines Flusskreuzfahrtschiffes hatten Mühe unbeschadet an Bord und zum Dinner zu gelangen.

Es soll ein schönes und fröhliches Fest geworden sein. An warmen sonnigen Herbsttagen. Da hatte ich schon die Rückreise „ab durch die Mitte (Deutschlands)“ angetreten. Nicht jedoch, ohne vorher in der kleinen Weinstube hinter dem Römer an ein Jubiläum zu denken. Fünfundzwanzig Jahre zuvor war ich genau dort mit meiner Frau aus der U-Bahn gestiegen und erstmals durch Frankfurt gelaufen. Die Stadt, in der ich geboren wurde.

Am Abend des Feiertages gingen wir zum Weinfest nach Radebeul ins Schloss Hoflößnitz. Ein buntes Treiben, Kommen und Gehen, keine geschlossene Gesellschaft.

Nachtrag: Das FGSV-Kolloquium zum neuen „Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen“ war eine sehr informative Veranstaltung. Nach sechs Stunden und acht Vorträgen brauchte ich etwas Bewegung. Ich ging zum Rheinufer unterhalb des Doms. Wie immer faszinierten mich die vielen Schiffe auf dem Strom und die Züge auf der Hohenzollernbrücke. An Leuten mangelte es auch nicht, Freitagnachmittag und Ferienbeginn in NRW…

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