Die Lausitz kennen viele bloß aus dem Wetterbericht, wenn es dort heißer ist als anderswo. Doch die Region im östlichen Deutschland verspricht landschaftliche Entdeckungen und weist eine eindrucksvolle Geschichte auf. Nur hinkommen muss man erst einmal…
Der Wetterbericht meldete neulich wieder “…bis zu 30 Grad in der Lausitz”. Auf diese Weise hörten auch entfernt wohnende Bürger den Namen einer Region im Osten ihres Landes. Ansonsten tun sich Touristen immer noch schwer hierher zu kommen. Klagte vorgestern die “Lausitzer Rundschau” und vermisst ein wirkungsvolles Marketingkonzept. Nur der Spreewald zieht immer mehr Besucher an.
Ich bin in diesem Sommer weniger mit dem ICE auf großer Reise gewesen. War nicht in Hamburg, Köln oder München, auch Basel und Berlin sahen mich seltener als sonst. Dafür saß ich öfter in den Regionalzügen nach Riesa, Elsterwerda, Cottbus und Görlitz. Und das hat etwas mit meinem “Lausitz – Projekt” zu tun. Es begann mit der Radtour von Dresden nach Berlin im August 2014.
Was ist die Lausitz? “… eine Region in Deutschland und Polen. Sie umfasst den Süden Brandenburgs und den Osten des Freistaates Sachsen sowie Teile der polnischen Woiwodschaften Niederschlesien und Lebus. Die Lausitz gliedert sich von Nord nach Süd in Niederlausitz, Oberlausitz und Lausitzer Gebirge” (Quelle: Wikipedia, 01.09.2016). Wer sie nicht kennt, stellt sich vielleicht ein Land vor, das sich in den Weiten des Ostens verliert, bestenfalls denkt man noch an Braunkohle und wie der Bergbau die Landschaft veränderte.
So seltsam es klingt, ich muss manchmal an die Provence denken. Obwohl beide Regionen augenscheinlich gar nichts Gemeinsames haben und Freunde Südfrankreichs vermutlich entsetzt sind. Nun bin ich schon vor längerer Zeit in der phantastischen Landschaft zwischen Avignon, Luberon und Aix en Provence geradelt und gewandert. Kenne auch Nizza und Cannes an der Côtes d`Azur, Vence und Grasse im bergigen Hinterland. Über die Jahre lernte ich nicht nur den Wein schätzen und die sommerliche Mittagshitze unter schattigen Bäumen aushalten, sondern erfuhr viel über Vergangenheit und Gegenwart dieser Region nahe des Mittelmeers. Die Provence erstreckt sich über mehrere Departments, ist kein administratives Ganzes. Wechselnde Herrscher, Kriege und Zerstörungen, verschiedene Volksgruppen und Konfessionen prägten die Geschichte.
Und genau das trifft auch für die Lausitz zu. Sie lässt sich administrativ nicht so einfach verorten und hat eine sehr wechselvolle Historie.
Die Moderne des 20. und 21. Jahrhunderts setzt(e) Zeichen durch Gartenstädte für Bergarbeiter und danach durch ein weites Seenland (Bild oben), wo vordem Tagebaue waren, durch die neu belebte Saga vom Krabat (Bild links) und die Oberlausitzer Fischwochen im Land der tausend Teiche (unten). Umfänglich restauriert zeigen sich die Klein- und Mittelstädte, einige erinnern an den fast 500 Jahre währenden Sechsstädtebund.
Doch Geschichte und Tourismus allein halten eine Region nicht lebendig. Deshalb soll die Lausitz Brücken schlagen ins benachbarte Polen. Nicht am Rande liegen sondern mittendrin.
Dazu gehören auch moderne Verkehrssysteme. Stichwort BER (ich schreibe nur das Kürzel): Der Flughafen wäre ein gutes Eingangstor… Stichwort Bahn: Schnellzüge halten fast nicht in der Lausitz, wenn sie überhaupt dort fahren. Der regionale Schienenverkehr mit modernen Fahrzeugen und auf teilweise sanierten Strecken (nicht Bahnhöfen!) braucht einen kundenfreundlichen gemeinsamen “Lausitztarif” der Verkehrsverbünde. Damit mehr Leute vom Auto umsteigen. Ansonsten bleiben die überwiegend gut ausgebauten Straßen die bequemere und schnellere Alternative.
Mein “Lausitz-Projekt” hängt mit dem Radfahren zusammen. In mehreren Blogbeiträgen habe ich ein bundesländerübergreifendes Radwegenetz als im Wortsinne zielführend vorgeschlagen. Jetzt soll es zumindest eine neue gemeinsame Radwanderkarte geben. Doch es nützt wenig, Signets von touristischen Routen anzubringen, wenn in den sächsischen Kreisen überwiegend keine Wegweisung mit Zielen und Entfernungsangaben besteht. Das erlebte ich neulich wieder auf einer Tour von Bautzen über Niesky nach Görlitz. Auch im digitalen Zeitalter bleiben statische Wegweiser – wie für den motorisierten Straßenverkehr – unabdingbar. Ebenso Radwanderkarten. Leider stimmen deren Inhalte und die örtlichen Beschilderungen der touristischen Routen nicht immer überein (höflich formuliert).
Weitere Touren von Süd nach Nord und von West nach Ost (in der Lausitz) stehen auf meinem Programm. Ich hoffe, im nächsten Jahr ausführlicher berichten zu können. Bis dahin wird wohl auch die 30° C – Marke nicht mehr überschritten werden.
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