Von der kleinen in die große Welt…und zurück

Naumburg feiert 123 Jahre Straßenbahn und bewirbt sich für die Welterbe-Liste der UNESCO

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Am vergangenen Sonnabend feierte die Naumburger Straßenbahn ihren 123. Geburtstag. Kein rundes Jubiläum, sondern die Magie der Zahl 123 und eine Gelegenheit mehr, das kleine städtische Unternehmen ins Blickfeld zu rücken.

Es ist eine wechselvolle Geschichte, die die Straßenbahn in der Kleinstadt Naumburg (ca. 33.000 Einwohner) erlebt hat: Aufschwung und Niedergang, Stilllegung und Wiederinbetriebnahme. Seit 2006 fährt sie im Halbstundentakt auf der 2,5 Kilometer langen Strecke zwischen Hauptbahnhof und Vogelwiese. Dafür genügt ein Triebwagen. Nun sollen in den nächsten beiden Jahren noch ein paar hundert Meter hinzukommen. Die ersten Gleise sind schon verlegt worden.

Während sich die Straßenbahn in kleinen Schritten entwickelt, haben Stadt und Region den großen Sprung gewagt. Unter dem Titel „Der Naumburger Dom und die hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut“ bewarben sie sich um die Aufnahme in die Welterbe-Liste der UNESCO. Der Naumburger Dom ist eine der bedeutendsten Kathedralen des Landes. Berühmt sind seine Stifterfiguren, zu denen Ekkehart und Uta gehören. Schon von weitem grüßen die Türme des Doms, wenn man durch das fruchtbare Land an Saale und Unstrut wandert oder fährt. Der Weinanbau erlebt seit einigen Jahren eine Renaissance und der Rotkäppchen-Sekt aus Freyburg ist längst kein bloßes Ostalgie-Produkt mehr. Zahlreiche Kirchen, Klöster und Burgen zeugen von der Blütezeit, die diese Region im Hochmittelalter erlebt hat.

Anfang Juli 2015 kam die Ernüchterung. Der Welterbe-Listenantrag wurde von der UNESCO abgelehnt. Jedoch darf er nachgebessert und 2016 noch einmal eingereicht werden. Eine zweite Chance für die Region, die vor allem auf Touristen zählt, weil es kaum andere starke Wirtschaftsstrukturen gibt. Landschaft und historische Orte als Schätze, die man weiter heben will.

Wer heute mit der Eisenbahn nach Naumburg reist, profitiert von einer temporären Maßnahme der Deutschen Bahn. Weil der Leipziger Hauptbahnhof fit gemacht wird für den Anschluss an die neue Hochgeschwindigkeitstrasse von Halle/Saale nach Erfurt, muss der ICE-Knotenpunkt von dort zeitweilig verlegt werden. So treffen sich in Naumburg die Züge von Berlin nach München mit denen von Dresden nach Frankfurt am Main. Großer Bahnhof und Reisemöglichkeiten in alle Himmelsrichtungen.

Das wird im Dezember 2015 schon wieder vorbei sein und dann heißt es, zum (hoffentlich) künftigen Welterbe mit dem Regionalzug fahren. Das klingt etwas traurig. Aber passt zu einer Region, die eher beschaulich – im Wortsinne – bereist werden sollte. Dafür gibt es zudem touristische Radrouten entlang von Saale und Unstrut. Leider ist das Radwegenetz in Naumburg nur teilweise gut und die Wegweisung zu den überregionalen Routen mangelhaft. Ein Blick ins benachbarte Weißenfels zeigt, wie man es besser machen kann.

Noch einmal zum 123. Straßenbahn-Jubiläum. Nahverkehrsexperten sind mitunter Zahlenfetischisten. Doch vielleicht hat in Naumburg einer auch an die mathematische Besonderheit gedacht: Die Zahl 123 ist die einzige Ziffernfolge, bei der die Addition der ersten beiden Ziffern die dritte ergibt.

Deshalb musste im Jahre 2015 dieses Jubiläum gefeiert werden. Aber vielleicht auch als kleiner Trost für die Enttäuschung, dass die Jubelfeier zum Erlangen des Welterbe-Status zunächst ausgefallen ist.

Von der kleinen in die große Welt…und zurück.

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